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Pressemitteilung

Gegen die Fusion der Stadtwerke Augsburg Energiesparte mit Erdgas Schwaben

Stellungnahme von Stadtrat Christian Pettinger (ÖDP)

Christian Pettinger Stadtrat

Ich habe mich (wie auch die Augsburger ÖDP) schon vor Monaten gegen eine Fusion der Augsburger Stadtwerke Energie mit Erdgas Schwaben ausgesprochen. Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass die Fusion keinerlei Nutzen für die Augsburger BürgerInnen mit sich bringt, im Gegenteil: mit der Fusion sind erhebliche Risiken verbunden und - sollten sich die Befürchtungen bestätigen – ist der Schaden nicht reparierbar. Warum lehne ich die Fusion nun also ab? Hierzu die folgenden Betrachtungen:

Das gesamte Projekt Fusion wurde von dessen Befürwortern aus den Reihen der Stadtregierung von Anfang an erst einmal als Geheimsache behandelt. Für alle Nicht-Eingeweihten kam es erst mit der Neubesetzung des Geschäftsführerpostens bei den Stadtwerken durch den nach wie vor amtierenden Geschäftsführer der Erdgas Schwaben, Herrn Klaus-Peter Dietmayer, ans Tageslicht. Damit wurde schon mal ein Tatbestand geschaffen, der in der Bundesrepublik einmalig sein dürfte: wo beruft schon jemand den Chef eines Mitbewerbers in die eigene Chefetage? Sollte es aufgrund des Bürgerentscheides nun doch nicht zur Fusion kommen, kann Herr Dietmayer sicherlich nicht Geschäftsführer beider Unternehmen bleiben, nimmt aber von dort, wo er geht, die Geschäftsgeheimnisse mit zum Konkurrenten.

Schon diese Tatsache zeigt, dass die Befürworter der Fusion nicht ernstlich mit Gegenwind gerechnet hatten. Der kam aber nach dem Bekanntwerden der Pläne sofort und kräftig. Um den Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen, sprach man von einem „ergebnisoffenen Prozess“. Man werde durch Machbarkeitsstudien überprüfen, ob die Fusion ein gangbarer Weg wäre. Wie zu erwarten, zeigte dann auch die erste Machbarkeitsstudie auf, dass durch die Fusion ein erheblicher zusätzlicher Gewinn für beide beteiligten Unternehmen zu erwarten wäre. Dies käme dann natürlich auch der Quersubventionierung der Augsburger Verkehrsbetriebe zu gute. Für teures Geld (wie viel Geld ist bis heute nicht bekannt) wurde dann zur „Kontrolle“ noch eine zweite Machbarkeitsstudie hinterhergeschoben, die dann endgültig alle Zweifel an der Fusion als unbegründet erscheinen lassen sollte. Was von der Stadtregierung verschwiegen wird, ist die Tatsache, dass den Stadtwerken Energie durch ein an den diversen Studien beteiligtes Wirtschaftsberatungsinstitut für die nächsten fünf Jahre eine stetig steigende Gewinnerwartung prognostiziert wird. Und das ganz ohne Fusion im Alleinbetrieb!

In meinen Augen ist durch die beiden Studien eigentlich nur bewiesen, dass die rein handwerkliche Umsetzung einer Fusion machbar wäre. Dass dabei ein finanzieller Gewinn herauskommen soll, ist jedoch höchst spekulativ. Viele Kosten, die durch die Fusion erst verursacht würden, sind nämlich in den Papieren gar nicht berücksichtigt. So wird z.B. die jährliche Erfolgsbeteiligung, die allen 2000 Mitarbeitern der Stadtwerke und des fusionierten Energieunternehmens für den Fall der Fusion versprochen wurde, nicht eingerechnet. Auch verliert das fusionierte Unternehmen durch die Beteiligung des privaten Mehrheitseigners der Erdgas Schwaben, der Thüga, den Status eines stadteigenen Unternehmens und kann deshalb von der Stadt Augsburg und auch von den anderen Sparten der Stadtwerke nicht mehr ohne Ausschreibung direkt beauftragt werden (Inhouse-Fähigkeit). Vielmehr müssen alle Leistungen zukünftig z.T. sogar Europaweit ausgeschrieben werden. Dies verursacht unnötige Kosten bei der Stadt und den anderen Sparten für die Ausschreibung und beim Energieunternehmen für die Angebotserstellung. Wenn dann auch noch das fusionierte Energieunternehmen nicht der günstigste Bieter ist, gehen die Zuschläge an externe Firmen. Dieses Geld fehlt dann auch in den Stadtwerkekassen und ggf. auch in der Region.

Gemäß dem festgelegten Eigentumsanteil nach einer Fusion würden zukünftig 30% aller Erlöse an die Thüga fließen. Dieses Geld war bisher in Augsburg verblieben und fehlt nun in der Stadt. Die Thüga besitzt mit ihren 30% Anteilen auch eine Sperrminorität im fusionierten Unternehmen und kann bei allen zentralen Entscheidungen, die das Unternehmen betreffen, ihr Veto einlegen. Im vergangenen Jahr war durch die Geschäftsführung der Thüga versucht worden, einen Investor aus dem nahen Osten mit in die Gesellschaft aufzunehmen. Man wollte sich dadurch Kapital ins Unternehmen holen, um in den Wettbewerb mit den großen Energiekonzernen treten zu können. Diese Pläne scheiterten am Aufsichtsrat und der damalige Geschäftsführer musste gehen. Aber wer kann sagen, ob nicht in der Zukunft derlei Pläne gelingen. Energiewende und Versorgungssicherheit in Augsburg stehen dann bei der Thüga sicherlich nicht im Zentrum des Interesses.

Um diese Gefahr für Augsburg zu minimieren, wurden in die Fusionsverträge zwei Klauseln mit aufgenommen, die der Stadt Augsburg das Rückkaufsrecht der Anteile der Thüga am gemeinsamen Energieunternehmen einräumen: nämlich für den Fall, dass die Thüga ihre Anteile am gemeinsamen Energieunternehmen an einen Dritten verkaufen würde und für den Fall, dass die Thüge nicht mehr mehrheitlich von öffentlichen Energieversorgern getragen würde. Abgesehen davon, dass schon viel passieren kann, auch bevor der Anteil privater Investoren die 50%-Marke übersteigt, bleibt - sollte der Fall eintreten - der Stadt Augsburg lediglich eine dreimonatige Frist, um sich für den Rückkauf zu entscheiden. Dabei müsste die Stadt dann auch 400 Mio € auftreiben, was dem Anteil der Thüga entspricht. Woher dieses Geld kommen soll ist völlig unklar! Der gesamte städtische Haushalt umfasst derzeit gerade mal etwa den doppelten Betrag. Sollte es gar zur Ratifizierung des TTIP-Freihandelsabkommens zwischen den USA und der EU kommen, wird durch die dort enthaltene sogenannte Ratched-Klausel die Rekommunalisierung des Fusionsunternehmens definitiv ausgeschlossen, weil dort festgeschrieben wird, dass einmal (teil-)privatisierte Unternehmen nicht mehr rekommunalisiert werden dürfen.

Das bedeutet, dass das Experiment Fusion in jedem Fall unumkehrbar sein wird! Wir binden uns mit der Thüga also einen Klotz ans Bein, den wir nicht mehr losbekommen werden. Was das heißt, kann man derzeit an einem sehr prominenten Beispiel nachvollziehen: die Stadt Frankfurt am Main besitzt mit der MAINOVA einen Energieversorger, der zu 24% der Thüga gehört. Diese Tatsache hat das Unternehmen jedoch nicht davor bewahrt, Jahr für Jahr weniger Gewinne einzufahren. Damit sinkt natürlich auch die Quersubventionierung der Verkehrssparte in Frankfurt von Jahr zu Jahr drastisch. Die Absicherung dieser Querfinanzierung war aber laut Fusionsbefürworter ein Hauptgrund, sich hier in Augsburg überhaupt mit dem Thema Fusion zu befassen. Die Thüga ist also alles andere als eine Gewinngarantie.

Natürlich haben sich auch die MitarbeiterInnen der durch die Fusion betroffenen Unternehmensteile so ihre Gedanken gemacht. Die Befürchtung war groß, durch Rationalisierungsmaßnahmen im Zuge der Fusion den Arbeitsplatz zu verlieren. Auch ist anzunehmen, dass viele MitarbeiterInnen bei Erdgas Schwaben zukünftig in Augsburg ihren Arbeitsplatz finden werden und damit einen nicht unerheblich längeren Anfahrtsweg in Kauf nehmen werden müssen. Um die Wogen hier zu glätten haben sich die Fusionsbefürworter die achtjährige Sperrklausel gegen betriebsbedingte Kündigungen ausgedacht: hierdurch sei sichergestellt, dass niemand das Unternehmen verlassen müsse. Letztlich ist diese Zusicherung aber völlig überflüssig, da aufgrund der Altersstruktur der Stadtwerke und bei Erdgas Schwaben in den nächsten Jahren sowieso 300 MitarbeiterInnen in den Ruhestand wechseln bzw. freiwillig das Unternehmen verlassen werden. Durch Rationalisierungsmaßnahmen sind aber insgesamt nur 110 Arbeitsplätze betroffen. D.h. das neue Energieunternehmen wird Mühe haben, die Fluktuation überhaupt ausgleichen zu können. Es muss also (übrigens auch im Falle des Nichtzustandekommens der Fusion) niemand um seine Anstellung fürchten.

Die Kündigungssperre und die oben erwähnte Auslobung einer jährlichen Erfolgsprämie haben dann aber scheinbar ihre Wirkung bei den MitarbeiterInnen nicht verfehlt: in einer betriebsinternen Umfrage haben sich bei einer Beteiligung von 60% rund 54% der Abstimmenden für eine Fusion ausgesprochen. Dieses sehr knappe Votum wird derzeit von den Fusionsbefürwortern als „Argument“ für die Fusion weidlich ausgeschlachtet: auf Plakaten im Stadtgebiet und in Anzeigen sieht man mehr oder weniger ernst blickende MitarbeiterInnen, die Sprechblasen hochhalten, in denen sie mit emotionalen Sprüchen für die Fusion werben. Sachargumente fehlen dabei völlig. Im Übrigen fragt man sich, wie freiwillig diese Leute hier für ein Vorhaben ihres Arbeitgebers einstehen.

Schon das Ergebnis der Umfrage im eigenen Betrieb ist denkbar knapp ausgefallen. Es erstaunt deshalb auch nicht, dass sich dieses Bild in der Öffentlichkeit und auch in den politischen Parteien fortsetzt. Wie zerrissen die Grünen in der Frage der Fusion sind, ist schon erstaunlich, aber auch in der SPD gärt es gewaltig. Lediglich die CSU hat es bisher geschafft, ein einhelliges Meinungsbild in die Öffentlichkeit zu transportieren. Ich bin in diesem Zusammenhang sehr froh darüber, dass nun am kommenden Sonntag die BürgerInnen das letzte Wort in Sachen Fusion haben werden. Letztlich geht es ja auch um unser aller Stadtwerke. Die Erfahrung der zurückliegenden Bürgerentscheide zeigt deutlich, dass die AugsburgerInnen sehr genau wissen, was gut für die Stadt ist und ich bin sicher, dass sie unabhängig von dem Parteiengeklüngel innerhalb der Stadtregierung eine tragfähige Entscheidung treffen werden. Ich wünsche mir nur, dass auch viele AugsburgerInnen von ihrem demokratischen Grundrecht Gebrauch machen werden. Denn nur wenn das Quorum für die Abstimmung zustande kommt, gilt die Entscheidung auch. Im Übrigen ist nur bei entsprechender Beteiligung sichergestellt, dass das Ergebnis – wie auch immer es ausfallen wird - von allen Seiten akzeptiert wird.

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