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Pressemitteilung

Das Stadtgebiet ist kein Wald, aber jeder Baum kostbar!

Mit seinem Kommentar „Die Stadt ist kein Wald“ versucht AZ-Reporter Stefan Krog in der Ausgabe vom vergangenen Samstag die aktuelle Diskussion um die geplanten und z.T. bereits durchgeführten Fällungen von alten, ortsbildprägenden Großbäumen im Stadtgebiet zu relativieren.

Die Mischung machts: Alte und neue Bäume im Straßenbegleitgrün. Foto: Christian Pettinger

Hierzu äußert sich ÖDP-Stadtrat Christian Pettinger nun seinerseits sehr kritisch: „Natürlich ist das Stadtgebiet kein Wald. Aber genau deshalb ist der Wert eines jeden alten Stadtbaumes um das zigfache höher als in einem Waldumfeld. Sofern das Gelände nachhaltig bewirtschaftet wird, können im Wald immer genügend neue Bäume nachwachsen und damit die Funktion des Ökosystems gewährleisten.“ In der Stadt haben die Bäume völlig andere Funktionen: hier dienen sie vor allem der Klimafolgenbewältigung und dem Erhalt der Lebensqualität: so ist inzwischen nachgewiesen, dass Stadtbäume städtische Steinwüsten im Sommer durch Beschattung und Verdunstung um mehrere Grad abkühlen können und so dem Gesundheitsschutz vulnerabler Teile der Bevölkerung in den Hitzesommern dienen. Auch bei Starkregenereignissen sorgen Bäume für eine Verzögerung der Fluten. Die CO2-Bindung spielt bei den Stadtbäumen nicht die große Rolle, einfach auch deshalb, weil die Fahrzeuge und Heizungsanlagen im Stadtgebiet ein Vielfaches an CO2 ausstoßen und somit die Bäume eigentlich keine Chance haben, den Ausstoß komplett zu binden. „Dafür können aber die Bäume nichts, hier müssen wir uns alle an der eigenen Nase fassen und fragen, ob wir tatsächlich so oft mit dem PKW durch die Stadt fahren müssen.“    
Im Bezug auf den geplanten Kahlschlag auf dem Bahnhofsvorplatz Ost am Hauptbahnhof schreibt Krog „Wenn man die Idee, dass es keine Fällungen mehr geben soll, ernst nimmt, hätte das weitreichende Folgen.“… „Und was öffentliche Plätze betrifft: Sollen vorhandene Stadtbäume der entscheidende Ausgangspunkt sein, wie ein Platz gestaltet werden soll und wie er funktioniert?“ Stadtrat Pettinger meint dazu: “In Bayern werden über das bestehende Baurecht die Belange des Naturschutzes ganz generell und bei der Betrachtung von schützenswerten Bäumen im Stadtumfeld im Besonderen hintangestellt. Bis auf wenige Ausnahmen verfahren ArchitektInnen und BauträgerInnen gerne nach dem Tabula-Rasa-Prinzip: erst mal alles abschieben, danach an genehmen Orten pflegeleichte Minnibäumle setzen. Die Bäume auf dem Bahnhofsvorplatz waren von der Naturschutzverwaltung ursprünglich als schützenswert eingestuft worden: die BauherrInnen des Container-Dorfes vor der Hauptpost haben den Schutz zwar bei der Planung vorgesehen (da ist es scheinbar möglich gewesen!), aber das umsetzende Bauunternehmen hat sich nicht darum geschert und damit auf der Südseite nahezu alle Altbäume zerstört.“ Für Pettinger ist klar: ja, es müsse sich etwas ändern und zwar in der Denke der ArchitektInnen und BauherrInnen: natürlich könne man eine Tiefgarage nicht immer um bestehende Bäume herumbauen, aber auf offenen Plätzen jahrzehntelang dort verwurzelte Bäume ohne Not abzuholzen, weil der Platz durch sie kein „großstädtisches Flair“ (Krog) mehr aufweise, sei ein Anachronismus! Pettinger: „Denkmalpflege wird in Augsburg großgeschrieben: jeder Baukörper wird hier penibel darauf abgeklopft, ob hier eine schutzwürdige Substanz vorliegt und ggf. werden den BauherrInnen bei Umbauten heftige Teuerungen aufgezwungen, um diese Substanz zu erhalten. Städtische Gremien wie der Baukunstbeirat nehmen hinter Verschlossenen Türen zu Bauprojekten Stellung und beraten die Stadtplanungsbehörde. Für Bäume gilt dieses Vorgehen scheinbar aber nicht.“
Für völlig daneben hält Pettinger Krogs Äußerungen am Ende des Kommentars: Eine Platzgestaltung wie am Theodor-Heuss-Platz käme für den Bahnhofsvorplatz, der „…im Hinblick auf die Drogen- und Alkoholszene besonderen Anforderungen gerecht werden muss“ wohl „kaum infrage“ (Krog). Pettinger hält dagegen: „Was liegt dieser Aussage für ein Menschenbild zugrunde? Muss ich einen Platz gezielt als Steinwüste ausgestalten, um zu verhindern, dass sich dort ‚unerwünschte Personengruppen‘ niederlassen? Wollen wir deshalb auf eine ansprechende Bepflanzung verzichten? Wahrscheinlich stören die bestehenden Bäume eine lückenlose Videoüberwachung auf dem Platz? Wenn dies das urbane Flair ist, von dem Krog oben redet, kann ich gerne darauf verzichten.“ Sollte sich am Bahnhof ein sozialer Brennpunkt ergeben, dürfte man nicht gegen diese Menschen arbeiten, sondern nur mit ihnen. Zielführend sei hier ausschließlich die körperliche Präsenz der Polizei und des Streetworks.

 

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